Eine wirksame Schmerztherapie beginnt immer mit einer möglichst präzisen Diagnose und Einschätzung der bestehenden Zusammenhänge mit dem Schmerz. Dabei ist es wichtig auf der symptomatischen Ebene neben der Schmerzstärke auch die individuelle Schmerzempfindlichkeit der betroffenen Person zu kennen und gegebenenfalls den Verlauf beschreiben zu können.
Hochspezialisierte Verfahren wie die Quantitative Sensorische Testung (QST) spielen in der modernen Schmerzdiagnostik eine immer grössere Rolle.
Die QST ist ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren, bei dem die Reaktion des Nervensystems auf verschiedene Reize – darunter Temperatur (warm/kalt), Druck, Vibration oder sanfte Berührung – gemessen wird. Unter kontrollierten Bedingungen werden Schmerzschwellen und Reizempfindlichkeiten erfasst. Sämtliche Reize liegen in ihrer Intensität unterhalb der Schwelle der Wahrnehmung von Schmerzen und werden sofort bei Erreichen der ersten auch nur leichtesten Wahrnehmung von Schmerzen gestoppt. Die Untersuchungen können somit sehr gut toleriert werden.
Die QEST liefert wichtige Informationen zur Funktion der Nervenfasern in der Haut, zuvorderst der Schmerzempfindung, aber auch der Schmerzleitung. Insbesondere werden Störungen der dünnen Nervenfasern in der Haut erfasst. Schmerz wird nämlich vor allem über die dünnen Nervenfasern wahrgenommen. Im Gegensatz dazu wird bei der Messung von Nervenleitgeschwindigkeiten überwiegend die Funktion dicker Nervenfasern gemessen.
Eine Schmerzdiagnose kann durch die QEST nicht gestellt werden. Hingegen können relevante Zusatzinformationen über das individuelle Schmerzprofil der betroffenen Person erhalten werden. Auch kann auf eine verminderte Nervenfunktion durch eine Nervenschädigung geschlossen werden bei neuropathisch anmutenden Schmerzen zur Eingrenzung der Diagnose. QEST wurde in erster Linie für neuropathische Schmerzen entwickelt. Es können auch Hinweise auf eine Nervenüberempfindlichkeit sichtbar gemacht werden bei Schmerzerkrankungen, welche ohne nachweisbare Nervenschädigung entstehen, wie insbesondere bei Fibromyalgie, aber auch Kopfschmerzen oder muskulären Rückenschmerzen.
Die QST eignet sich zudem, um den Therapieverlauf zu überwachen – wiederholte Messungen können zeigen, ob sich die Schmerzschwellen verbessern und das Nervensystem weniger empfindlich reagiert.
In der Praxis wird QST deshalb immer mit anderen Untersuchungen kombiniert, etwa mit hochauflösender Bildgebung (MRT), Nervenleitgeschwindigkeit (NLG), Elektromyografie (EMG) oder anderen spezialisierten neurologischen Untersuchungen. Die Kombination dieser Methoden kann zu einem stimmigen Bild führen und somit auch zu einer massgeschneiderten, individuellen Behandlung.
Eine präzise Diagnostik hat auf der klinischen Ebene auch einen möglichen psychologischen Nutzen. Es kann zu einem grösseren Vertrauen der Patientinnen und Patienten in die Therapie. kommen. Dieses Verständnis steigert die Bereitschaft, aktiv am Behandlungsprozess mitzuwirken, und kann den Therapieerfolg so langfristig positiv beeinflussen.
Im Zentrum für Schmerzmedizin der Bellevue Medical Group setzen wir die QST als festen Bestandteil unserer Diagnostik ein. In Verbindung mit weiteren modernen Untersuchungsmethoden ergänzt sie diese und kann hierdurch zu der gezielten Therapie beitragen. So schaffen wir die Grundlage für eine wirksame und individuelle Schmerzbehandlung, die langfristig zu einer spürbaren Verbesserung der Lebensqualität führt.